In ein paar Hüpfern durch Aachens Geschichte

Man vergesse doch hier die Steinzeit und beginne direkt mit keltischen Siedlern, die vor etwa 2.500 Jahren diesen Ort für günstig befunden haben, um sich hier niederzulassen. Ihr Heil- und Wassergott Grannus beschützte sie. Das feuchte Gelände des Aachener Kessels durchflossen zahlreiche Bäche, das Sumpfgebiet am Südhang des zentral gelegenen Hügels hatte noch eher Frösche als Menschen angezogen. Doch die Quellen, die heißen Quellen waren es, die es den Kelten angetan hatten. Die wildreichen Wälder sorgten für ausreichende Nahrung. Und das heiße Wasser . . .

Auch die Römer wussten es zu schätzen. In ihrem Kurort, welcher über 400 Jahre bestanden hatte, bauten sie Thermen und genossen die Vorteile der Gegend. Sie ließen es sich hier gut gehen, schlemmten an aus Rom importierten Delikatessen und erfreuten sich an eigens für die Thermen geschaffenen ausgeklügelten Einrichtungen. Acht Quellen in der Stadt und 15 in Burtscheid boten reichlich Platz für reich und arm. Man hat sich im römischen Kurort Aquis Granae beileibe nicht gelangweilt.

Im Mittelalter erlebte Aachen seine Stadtwerdung und Blütezeit. Zunächst als die erste königliche Residenz, von der aus Karl der Große seine Macht über das weite Reich ausübte. Nach unerfreulichen Normanneneinfällen begann mit Otto dem Großen die Zeit der prunkvollen Krönungen deutscher Reichskönige, begleitet durch Krönungsfeste und Ritterturniere. Als diese Zeit 1531 mit der Krönung Ferdinands II. von Habsburg zu Ende war, wusste man bereits, wie man das Leben in der Stadt weiterhin auf königlichem Niveau fortführen sollte. Die heilbringenden, warmen Quellen lockten die Prominenz aus ganz Europa nach Aachen. Die Stadt wurde zum mondänen Kurort ohnegleichen. Wiesbaden, Baden-Baden und Spa versuchten später, Aachen das sprichwörtliche Wasser abzugraben. Noch aber traf sich die Welt in Aachen.

Als im 19. Jh. neue wirtschaftliche Techniken und Prozesse entwickelt wurden, wurde Aachen zum industriellen Tor Deutschlands. Die Gründung des Königlichen Technischen Hochschule, heute die RWTH Aachen, zeichnete den Anfang der engen Zusammenarbeit der Wissenschaft und der Industrie. Eine Tradition, die in Aachen bis in den heutigen Tag mit großer Selbstverständlichkeit fortgesetzt wird.

Am Rande des großen Geschehens gibt es zahlreiche Sagen, Legenden und Anekdoten, welche die Stadt noch zu erzählen weiß. In Aachen heißen sie Verzällche. Sie ergänzen die großen Züge der Geschichte, sie lächeln uns entgegen aus manchmal ganz unscheinbaren Lücken im Teppich der Geschichte dieser wunderbaren Stadt.

BAHKAUV

Wo Bahkauv seine Zähne fletscht

Es war einmal ein … Nein, so kann diese Geschichte nicht beginnen. Es lebte einmal zu Ach ein befremdliches Wesen. Es sollte den Kopf eines Kalbes gehabt und an einem offenen Bach in der Stadt gelebt haben, als durch Aachen noch viele kleine und große Bäche flossen. Deswegen hieß es Bahkauv, zu Deutsch Bachkalb.

Doch gesehen hatte es keiner. Wie denn? Tagsüber schlief Bahkauv ja in seinem Versteck, einer Höhle irgendwo in der Gegend des heutigen Büchel. Abends verließ es sein Lager und schlenderte durch die Gegend. Dieses Wesen zeichnete eine merkwürdige Abneigung gegen Alkoholgeruch aus. Es verfolgte Männer, die zur späten Stunde, statt zu Hause bei ihren Familien zu sein, durch die Gegend betrunken torkelten. Bahkauv brüllte dann laut auf, bis einem die Zähne klapperten, sprang so manchem auf den Rücken und ließ sich herumtragen. Keiner von diesen Betrunkenen wagte es, sich umzudrehen, um dem Monster ins Auge zu sehen, und war froh, wenn er, freigelassen, nach Hause schnell zurücklaufen konnte. Dabei verlor der ein oder andere schon mal seinen Geldbeutel mit allem Geld, das er dabei hatte. Das sagte er dann seiner aufgebrachten Frau, die ihrem Mann dann nicht unbedingt glaubte und eher dachte, dass er das Geld in der Schenke ausgegeben hatte.

Obwohl keiner das Bahkauv gesehen hatte, sollte es der Künstler Karl Krauß 1904 in einem Denkmal verewigen. Nach langem Überlegen und vielen Versuchen schuf er dann doch eine richtig Furcht einflößende Figur, die dem Bahkauv sehr ähneln musste, doch diese wurde im 2. Weltkrieg eingeschmolzen. Die Figur von Kurt Wolf von Borries, die seit 1967 den Büchel ziert, erinnert an unser Bahkauv kein bisschen – trotzdem verleiht sie dem Platz etwas von der schön gruseligen Atmosphäre dieser Geschichte.